Am Freitag, 04.04.2014 begrüßte Prof. Dr. Böhner, Leiter des Studienseminars Mainz, Prof. Christian Dormann, Universität Mainz, als Redner in der Vortragsreihe. Herr Prof. Dormann setzte sich mit der interessanten Fragestellung „Lehrkräfte – eine Profession im Spannungsfeld von wissenschaftlich bewährtem Handeln und Stress“ auseinander.
Im ersten Teil des Vortrags stand das Phänomen Stress im Mittelpunkt. Ausgangspunkt waren die Merkmale, die Stressoren (z.B. körperliche und geistige Belastung, Handlungssteuerungen, soziale Belastungen), mit denen Stress beschrieben und damit untersucht werden kann. Dem stellte Prof. Dormann stressmildernde Faktoren, die Ressourcen (berufliche Fähigkeiten, Stressbewältigungstechnik, Handlungsspielräume usw.), gegenüber, die dem Stressabbau dienen. Er beleuchtete das Phänomen im Folgenden mit Ergebnissen empirischer Untersuchungen, die Auswirkungen von Stress in Betrieben und im Bildungsbereich im internationalen Vergleich zeigten. Beispielhaft wurde das Zusammenspiel von Stressoren und Ressourcen für den Fall hoher psychosomatischer Beschwerden und den eingeräumten Handlungsspielraum konkretisiert und aufgegriffen, um das Wechselspiel zu beschreiben und die positive Wirkung von Ressourcen am Beispiel Handlungsspielräume zu belegen. Besonders spannend war die folgende Auseinandersetzung mit Stress im schulischen Kontext, der ebenso wie die betrieblichen Arbeitsbereiche und im internationalen Vergleich auf Basis von Arbeitsintensität und Handlungsspielräumen betrachtet wurden. Die Ergebnisse für den Bereich Education waren für die Zuhörer irritierend, weil so nicht erwartet und mit den eigenen Einschätzungen vereinbar. Dies führte zur Entwicklung möglicher Thesen, welche die Abweichung von den subjektiven Erfahrungen erklärten.
Herr Prof. Dormann bot - nicht nur an dieser Stelle - den Teilnehmerinnen und Teilnehmern immer wieder die Möglichkeit, die Merkmale und Fragen auf die eigene Person und das eigene Arbeitsumfeld zu übertragen. Das Highlight des ersten Veranstaltungsteils in dieser Hinsicht war die persönliche Auseinandersetzung mit dem Problem des Burnouts auf Basis der Diagnose mittels Maslach Burnout Inventory (MBI). Anhand von Items wie Erschöpfung oder Depersonalisation/Zynismus forderte Herr Dormann die Zuhörer auf, für sich selbst zu einer Einschätzung zu gelangen und gab Hinweise, bei welchen Ausprägungen Handlungsbedarf im Hinblick auf Burnout bestünde.
Die persönlichen Bezüge führten zum regen Austausch mit dem Vortragenden und zwischen den Teilnehmern. Die Pause gab weitere Gelegenheit, die Thematik mit ihren Facetten in Gesprächen zu vertiefen und zu diskutieren.
Der zweite Teil des Vortrags befasste sich mit der Frage, welche Rolle evidenzbasiertes Handeln in Schulen und insbesondere bei Entscheidungsprozessen von Schulleitungen einnimmt. Für dieses Thema diente das Projekt evidenzbasiertes Handeln im schulischen Mehrebenensystem (evis) als Beispiel. Ausgehend von den Zielen und Hintergründen des Projekts lenkte Prof. Dormann das Interesse auf die zentralen Fragen wie evidenzbasierte Wissensbestände von Schulleitungen und Lehrern rezipiert und verarbeitet werden sowie welche Faktoren die Rezeption auf Schulebene und individuelle Ebene beeinflussen. Am Bespiel verschiedene Fragestellungen verdeutlichte er den Unterschied zwischen interner und externer Evidenzorientierung einerseits sowie der Substitutionsorientierung andererseits, um daraus Aussagen abzuleiten, welche Orientierung im Rahmen von schulischen Entscheidungen vorzufinden sind. Auch in diesem Themenspektrum gab es „Aha“-Erlebnisse, weil die Zuhörer das eine oder andere Ergebnis aus eigener Erfahrung bestätigen konnten.
Herrn Prof. Dormann gelang es in besonderer Weise, das Interesse und die Aufmerksamkeit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu gewinnen. Fragen, Diskussionsbeiträge und Anmerkungen zu den theoretischen und empirischen Befunden wurden in einem regen Austausch in den Vortrag integriert. Entsprechend positiv waren die Rückmeldungen zur Fortbildung, die in allen Belangen von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern als Bereicherung eingestuft wurde. Das Angebot zur Kooperation zwischen dem Lehrstuhl und den berufsbildenden Schulen bei empirischen Fragestellungen eröffnet die Möglichkeit zur weiteren Zusammenarbeit. Hier gibt es ein erstes, konkretes Interesse von Seiten der Schule, auf dessen Umsetzung wir gespannt sein dürfen.
Die Bereitschaft, in der Zukunft erneut als Redner zu Gast zu sein, wurde von Seiten der Organisatoren dankend angenommen.
Ein aktueller Link-Tipp von Prof. Dorman zu Burnout:
http://www.aktionsrat-bildung.de/fileadmin/Dokumente/ARB_Gutachten_Burnout.pdf
Die Rednerreihe findet am 22.11.2014 ihre Fortsetzung. An diesem Tag wird Herr Stefan Hüppe, Leiter der Aus- und Weiterbildung, Boehringer Ingelheim, zu Gast sein. Als Vertreter eines betrieblichen Kooperationspartners der dualen Berufsbildung greift er die zunehmende Heterogenität von Lerngruppen im Rahmen des demographischen Wandels auf, um daraus Konsequenzen für das methodisch-didaktische Vorgehen sowie die Kompetenzentwicklung zu diskutieren.