Didaktisch-methodische Orientierung
In Folge von massiver, durch aufsehenerregende, nationale und internationale Studien untermauerte Kritik an Schule angesichts von im weltweiten Vergleich dürftigen fachlichen Schülerleistungen aus den Reihen der Eltern, von Wissenschaftlern, Unternehmen und Universitäten entstand in Rheinland-Pfalz auch im Bereich der beruflichen Bildung eine im Orientierungsrahmen Schulqualität in den Grundzügen festgehaltene Qualitätsoffensive.
Darin erfolgen klare Hinweise auf qualitätsprägende Faktoren schulischer Arbeit, wie beispielsweise auf die zentralen Rahmenbedingungen der Umsetzung bildungspolitischer Vorgaben (u.a. Inhalte und Standards), der Diagnose von Lernvoraussetzungen, die Professionalität des Personals mit seinem pädagogischen Selbstverständnis, seiner erforderlichen Kooperationsfähigkeit, Fortbildungs- und Bedarfswahrnehmung, der Fähigkeit und dem Willen zum langfristigen Bewältigen von Anforderungen und Belastungen.
Um die jeweils von internen und externen Partnern gewünschten Kompetenzen objektiv messbar gemeinsam mit den Lernenden im Fremdsprachenunterricht an berufsbildenden Schulen zu erarbeiten, steht, neben der heute verstärkt angekündigten, individuellen Förderung von Schülerinnen und Schülern die Qualität des Unterrichts im Zentrum der Ausbildung am Studienseminar für das Lehramt an berufsbildenden Schulen in Speyer. Das bedeutet gemäß dem Orientierungsrahmen Schulqualität für Rheinland-Pfalz kritisches Nachdenken über, Arbeiten mit und stetiges Verbessern von Klassenmanagement, Lernförderlichkeit des Unterrichtsklimas, Motivierung, Klarheit, Wirkungs- und Kompetenzorientierung, Umgang mit Heterogenität, Differenzierung, Schülerorientierung, -unterstützung, -aktivierung, angemessene Methodenvariation, Konsolidierung und Lernerfolgssicherung im Hinblick auf Nachhaltigkeit.
Fachdidaktische und –methodische Orientierung, die selbstverständlich eines für den Bereich der beruflichen Bildung zu operationalisierenden Transfers bedarf, kommt derzeit in ihrer klarsten Form, wobei sie dabei auch gleichzeitig von einer bundesweit hohen gesellschaftlichen Akzeptanz getragen wird, aus den Erkenntnissen und Handlungsempfehlungen der DESI-Studie (s. Literaturliste) des Jahres 2006 und den aktuellen Erkenntnissen der Hattie-Studien (dt. Version ab 2013). Daneben stehen in die jeweiligen Lehrpläne des Landes und in die daraus entwickelten Arbeitspläne der Schulen eingearbeitete europäische Empfehlungen wie der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Fremdsprachen, die Beschlüsse der Kultusministerkonferenz der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, Erkenntnisse aus vielen laufenden Schulversuchen und den Rückmeldungen von Absolventen des berufsbildenden Systems über ihren Erfolg in immer häufiger eingeforderten, externen Sprachkompetenzzertifizierungsprüfungen, Bewerbungsverfahren und über ihr Weiterkommen in Unternehmen und Universitäten.
Was sollte eine Fachseminarausbildung zum Zweck der erfolgreichen Umsetzung der Vorgaben u.a. des Orientierungsrahmens Schulqualität für Rheinland-Pfalz leisten, ohne dabei gleichzeitig Ziele wie zum Beispiel auch die lebenslange Berufsfähigkeit auf hohem fachlichem, (medien-) technischem und didaktisch-methodischem Niveau aus dem Auge zu verlieren?
Aus den Resultaten u.a. der DESI-Studie geht hervor, dass fachspezifische Merkmale den größten Einfluss auf die Kompetenzentwicklung der Lernenden haben. Diese gilt es zunächst in der Ausbildung bewusst zu machen und als Planungs-, Realisierungs- und Evaluationskriterien zu instrumentalisieren. Daneben stehen allgemeinere Wirkungsfaktoren in Verbindung mit Englischunterricht an berufsbildenden Schulen, die ebenfalls in den Ausbildungsveranstaltungen zu bearbeiten sind.
Weiterhin sind wirksame Einflüsse auf die fachliche und sprachliche Kompetenzentwicklung von Lernenden bekannt, die organisatorische, über die Unterrichtsprozessqualität wirkende, motivationale, individuell und kollektiv personale Faktoren auf der Angebotsseite am Gesamtlernerfolg, die Nachhaltigkeit eingeschlossen, mit bedingen.
Zur Zeit erlebt kaum ein anderer Fachbereich der Lehrerausbildung im berufsbildenden Bereich die Aufnahme von derart vielen, grundlegenden prozessualen und inhaltlichen Neuerungen, die auf unterschiedlichen Ebenen auf die unterrichtliche und außerschulische Kompetenzförderungsarbeit tiefgreifenden Einfluss nehmen und in absehbarer Zukunft noch in zunehmend stärkerem Maß nehmen werden:
Diese sind u.a. weltweit gültige, europäische und nationale Standards und Referenzsysteme für das Sprachlernen und –lehren, die Umstellung auf bzw. das Versuchen von bilingualem Sachfachunterricht und ganz besonders die interne und externe Messung und Zertifizierung sprachlicher Kompetenzen. Dazu treten neueste Erkenntnisse aus der Erforschung der allgemeinen und berufsbezogenen Lesekompetenzentwicklung und –förderung (vocational literacy).
Aus diesen Gründen ist die vorgabenentsprechende Beschäftigung mit einschlägiger Kompetenzdiagnose und der Aufbau von technischen und medialen Fertigkeiten, um auf diesem Wege nicht nur allgemein motivational sondern auch individuell fach- und berufsbezogen in allen Kommunikationsbereichen bedarfsgerechte, Förderungsangebote geben zu können, ein weiteres Zielgebiet. Dass es in diesem Zusammenhang auch der Integration von fachbezogener Organisations-, Teambildungs- und –förderkompetenz sowie tiefgehender und klarer Machbarkeitsreflexion auf dem Weg über gemeinsame Produktplanung, -produktion und –evaluation in einer Atmosphäre des gegenseitigen Respekts und einer Arbeitskommunikation auf gleicher Augenhöhe bedarf, versteht sich von selbst.
Dazu bietet das Fachseminar Englisch auch in regelmäßiger und sich erweiternder Zusammenarbeit mit anderen Fachseminaren (bes. Religion, Betriebswirtschaftslehre u. Informatik) ein am Bedarf und besonders an Anfragen aus aktuellem Anlass ausgerichtetes Angebot aus fachspezifisch allgemeinen, fächerübergreifenden und Lehrplanmodulen an. Dabei wird gezielt über das Einholen von Rückmeldung geachtet mittels dieser eine Arbeit im Sinne stetiger, ernsthafter Verbesserung so wie in uns überlegenen Bildungssystemen (gem. PISA) angestrebt wird.
Das Bild eines immer nur am Rande des Lernarbeitsprozesses stehenden Lernstrategen ist für eine erfolgreiche und zeitgemäße Unterrichtszusammenarbeit von Lernpartnern obsolet, zumal international Konsens besteht, nicht auf die Wirkungskomponente des Sprachlehrers als kompetentes, mit kommunizierendes Vorbild, je nach Lernsituationsziel und Lerngruppenbedarf zu verzichten.
Inzwischen zeugt auch eine riesengroße und schnell wachsende Anzahl von fertigen und sich in Entstehung befindlichen internationalen Sprach- und Kulturprojekten davon, dass vor allem Englischlehrkräfte im berufsbildenden Bereich Schlüsselrollen für ihre Schulen dabei einnehmen und diese Arbeit in besonderem Maße mitzutragen in der Lage sein müssen. Ihre fachliche, sprachliche sowie ihre interkulturelle Kompetenzen sind ausschlaggebend dafür, dass diese Projekte erfolgreich sind (mit allen und nicht zuletzt auch ökonomischen Konsequenzen). Davon unbenommen bleiben bisherige Aufgaben wie Studienreisen ins zielsprachliche Ausland, Schüleraustausch, auch über besondere Projektformen, die Mitarbeit an der unlängst erfolgreich begonnenen Sprachzertifizierung an der Berufsschule und so weiter.
Alles dies formt die Ausbildungsarbeit und führt zu einer entsprechenden Sprachverwendung in den Fachseminarsitzungen.
Fern jeder Vorstellung von einer Insel oder einer Sekte versteht sich das Englischseminar als Platz für intensiven und offenen Ideen- und Materialaustausch über Seminar- und Landesgrenzen hinweg, um damit ein Beispiel für die spätere Arbeit in den Teams und Kollegien an den Einsatzschulen und in den angesprochenen Projekten zu geben.
Zudem trägt das Fachseminar den mit den KMK-Beschlüssen einhergehenden Anforderungen und curricularen Vorgaben dahingehend Rechnung, dass digitales Lernen im Rahmen europäischer Bildungsarbeit nutzenbringend in der Ausbildung integriert wird. Als Beispiel sei an dieser Stelle an den Fremdsprachentag vom August 2018 zu e-Twinning verwiesen.
Ein Fachseminar ist darüberhinaus auch selten allein, denn seit geraumer Zeit arbeiten die Fachleiter/innen der Fremdsprachenseminare im Bereich der beruflichen Bildung in Rheinland-Pfalz regelmäßig in unterschiedlichen Vorhaben zusammen. Mindestens alle zwei Jahre findet ein gemeinsames Fachseminar Fremdsprachen zu einer aktuellen Thematik statt, und der grundsätzlich jedem Lehramtsanwärter u. jeder Lehramtsanwärterin mögliche Ausbildungsaufenthalt an einer ausländischen Schule gemäß §9 (3) der „Landesverordnung über die Ausbildung und Zweite Staatsprüfung für das Lehramt an (...)-schulen“ vom 03. Januar 2012 (in aktueller Fassung) wird, in Kooperation aller Studienseminare (BBS), von Speyer und Mainz koordiniert.
(Ulrich Damm)