Sie wollen Sozialkundelehrer/in werden?
Sind Sie Soziologe und kennen sich mit gruppendynamischen Prozessen aus?
Sind Sie Kulturwissenschaftler und haben einen Einblick in die Lebensweise von Angehörigen anderer Kulturen?
Kennen Sie sich als Verwaltungsbeamter mit kommunaler Selbstverwaltung, Partizipationsmöglichkeiten in der Gemeinde und der Aufgabenverteilung zwischen Stadtrat und Verwaltung aus?
Sind Sie Medienwissenschaftler, der über die Gefahren der Manipulation in Zeitung und Fernsehen, der über die Arbeit einer Nachrichtenagentur, soziale Netzwerke oder die Folgen von Gewaltspielen am PC fundierte Kenntnisse hat?
Sind Sie Jurist, der den Unterschied zwischen einem Straf- und Zivilprozess erklären kann, der sich mit Datenschutz auskennt, der Kontakte zum nächsten Amtsgericht knüpfen kann und die ersten 19 Artikel des Grundgesetzes auswendig kennt
Sind Sie Berufsberater, der die regionalen Arbeitgeber vorstellen und Beziehungen zu ihnen nutzen kann, der die Schulen in der Stadt und deren Profile, die unterschiedlichen Wege zum diplomierten Ingenieur oder die unterschiedlichen Bezahlungen zwischen Frauen und Männern im Berufsleben darstellen kann?
Wissen Sie als Wirtschaftswissenschaftler oder Gewerkschaftsfunktionär etwas über die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland und die Probleme, die auf sie zukommen? Können sie in diesem ökonomischen Bereich etwas über die Tarifautonomie oder unterschiedliche Marktformen sagen?
Sind Sie in der Lage als Politikwissenschaftler die Entstehung eines Gesetzes nachzuvollziehen, die Besonderheiten der Verfassungsorgane hervorzuheben und das personalisierte Verhältniswahlrecht mit seinen Vor- und Nachteilen zu durchschauen? Kennen Sie sich mit der Parteienfinanzierung und deren Gefahren aus? Was spräche für ein Verbot der NPD? Welche Aufgaben haben die UNO-Blauhelme und wo sind sie stationiert? Welche Folgen hat die Aussetzung der Wehrpflicht?
Haben Sie auf diese Fragen spontane, fundierte Antworten. Wenn ja, stehen Ihnen zwei Berufsfelder offen:
a) Politiker/in
b) Sozialkunde-Lehrer/in
Wollen Sie Politiker/in werden, können Sie hier aufhören zu lesen! Viel Glück und tschüs!!
Wollen Sie Sozialkunde-Lehrer/in werden, dann wissen Sie jetzt, was der Lehrplan u.a. inhaltlich von Ihnen verlangt.
Es kommen aber noch weitere Anforderungen zusätzlich auf Sie zu (hier in Auszügen):
Trauen Sie sich zu,
- komplexe Sachverhalte (s.o.) so zu reduzieren, dass Teenager, die sich für alles, nur nicht für Sozialkunde interessieren, motiviert werden, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen
- Schüler in die Lage zu versetzen, gesellschaftliche Zusammenhänge kritisch zu hinterfragen und sich eine eigene Meinung zu bilden
- handlungsorientiert zu unterrichten, so dass die Schüler etwas für’s Leben lernen, weil sie ihr Handeln im Unterricht auf das Leben nach der Schule übertragen können?
- schülerorientiert die fachlichen Inhalte mit konkreten Alltagssituationen zu verknüpfen und somit zu veranschaulichen?
- von einem konkreten, anschaulichen Beispiel ausgehend, Schritt für Schritt die Inhalte zu abstrahieren (vom Konkreten zu Allgemeinen), also induktiv zu unterrichten?
- die Themen so aufzubereiten, dass die Schüler vor Probleme gestellt werden, die es im Verlauf des Unterrichts zu lösen gilt?
- kontroverse Diskussionen zu initiieren und zu leiten?
- Ihre schauspielerischen Qualitäten im Rahmen von Rollen- und Planspielen unter Beweis zu stellen?
- Kritik aufzunehmen, zu ertragen und Anregungen umzusetzen?
- mit Kollegen im Team zusammenzuarbeiten?
- fachlich auf einem aktuellen Stand zu sein
‚Das alles und noch viel mehr ……………….’ (Rio Reiser)
Können Sie diese Fragen guten Gewissens mit ‚ja’ beantworten, sollten Sie tatsächlich das Berufsbild des ‚Sozialkunde-Lehrers’ ins Auge fassen. Zukünftige Berufszufriedenheit erfordert außerdem …..
- ein dickes Fell
- hohe Leidensfähigkeit
- Fähigkeit zur Desillusionierung
- evtl. Schmähung der bisherigen Lieblingspartei
- Toleranz und Geduld gegenüber Eltern (und Kollegen)
Ist das alles vorhanden, Sie kennen sich aus und trauen sich das zu? Dann können Sie jetzt selbst entscheiden, ob der Beruf für Sie interessant wäre oder doch eher der Politiker infrage käme.
Diese Seite hätte in beiden Fällen ihren Zweck erfüllt!
